Autoren- und Literaturkreis “Wilhelm Müller”
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Willst du aus der Flut mich retten, frag nicht, wohinein ich fiel; Wo ich jetzt zu Grunde sinke, das sei deines Auges Ziel.
Am   7.   Oktober   1794   kommt   Wilhelm   Müller   in   der   Steinstraße   als   Sohn   eines   Schneidermeisters   zur   Welt.   Wilhelms   Eltern   verlieren   fünf   Kinder nacheinander. Als er zehn Jahre alt ist, stirbt seine Mutter. Bald darauf heiratet der Vater die wohlhabende Witwe Marie, geborene Gödel. Nach   dem Abitur   verlässt   er   mit   18   Jahren   Dessau   und   beginnt   an   der   Philosophischen   Fakultät   der   Universität   Berlin   ein   Studium   der   Philologie,   sucht Verbindung zu den Berliner literarischen Kreisen , schreibt und dichtet. 1799   wird   Napoleon   Bonaparte   Alleinherrscher   in   Frankreich   und      versucht   mit   seinen   Armeen   ganz   Europa   zu   unterwerfen.   Preußen   wird   1806 geschlagen, der Feldzug gegen Russland löst den europäischen Befreiungskrieg gegen Napoleon 1813-15 aus. Am 16. Februar 1813 tritt Wilhelm Müller als Freiwilliger in die Preußische Armee ein. Nach   dem   Krieg   wieder   in   Berlin,   nimmt   Wilhelm   Müller   seine   unterbrochenen   Studien   auf.   Ernüchtert   vom   Erlebten,   schreibt   er   neunzehnjährig   in   sein Tagebuch: "Das   vergangene   Jahr   liegt   so   weit   hinter   mir,   als   wäre   ich   seitdem   vom   Kind   zum   Greis   geworden.   Ich   habe   keine   Missetat   begangen.   Mit Überzeugung habe ich gehandelt, und zum Verbrechen hat man's umgewandelt." Als   der   preußische   Baron   von   Sack   einen   studentischen      Begleiter   für   eine   Studienreise   nach   Griechenland   und   in   den   Vorderen   Orient   sucht,   fällt   die Wahl   der Akademie   auf   Wilhelm   Müller.   Bei   einem   mehrmonatigen Aufenthalt   in   Wien   lernt   er      dort   lebende      Griechen   kennen,   die   den   Freiheitskampf     ihrer Heimat gegen die Türken unterstützen. In   Konstantinopel   bricht   die   Pest   aus.   So   fahren   Baron   von   Sack   und   Müller   nach   Italien,   wo   sich   ihre   Wege   trennen.   Er   reist   ins   südliche   Italien   und   ist angetan    von    der    Lebensart    und    der    Toleranz    der    Menschen.    Vom    lebhaften    Treiben    der    deutschen    Künstlerkolonie    angezogen,    verbringt    er unbeschwerte Monate in Rom und beschäftigt sich mit der italienischen Volksliedtradition. Zeugnis dieses Erlebens ist sein Buch "Rom, Römer und Römerinnen." Im August   1818   kehrt   Wilhelm   Müller   ohne   wissenschaftliche   Ergebnisse   von   dieser   Reise   zurück.   Einen   Universitätsabschluss   hat   er   nicht.   Vergebens sucht er in Berlin eine Anstellung. Ende des Jahres 1818 kehrt er nach Dessau zurück. An   der   Gelehrtenschule   findet      er   eine   mit   300   Talern   vergütete   Stelle   als   Hilfslehrer.   Nebenbei   arbeitet   er   an   der   Herzoglichen   Bibliothek   und   ist bemüht sich aus dieser Nebentätigkeit eine Lebensstellung zu schaffen. 1821   bricht   der   Befreiungskrieg   der   Griechen   gegen   die Türken   aus.   Müller,   sich   seiner   griechischen   Freunde   erinnernd,   stellt   sich   sofort   auf   ihre   Seite. Die    ersten    Griechen-Lieder    entstehen.    Nicht    nur    seine    Lieder    bringen    dem    Dichter    den    Beinamen    "Griechen-Müller"    ein.    Die    in    Deutschland gegründeten Griechen-Vereine unterstützen durch Spenden den Kampf des griechischen Volkes. Am   16.   Januar   1822   schickt   Wilhelm   Müller   eine      kleinere   Sammlung   von   Gedichten   mit   dem   Titel   "Wanderlieder   -   Die      Wintereise   in   zwölf   Liedern"   an Heinrich Brockhaus, der sie in der Urania  vorstellt. 1823 erscheint eine zweite Sammlung mit zehn  weiteren Gedichten. Fremd bin ich eingezogen, Fremd zieh' ich wieder aus. Der   Zyklus   "Die   Winterreise"   stellt      im   damaligen   Deutschland   mit   seinen   bildhaft   düsteren   Träumen   eine   Einzigartigkeit   dar   Auf   den   ersten   Blick      ist es   eine   Dichtung,   die   vom   Schmerz   unerwiderter   Liebe   spricht.   Doch   schon   auf   den   zweiten   Blick   stockt   der Atem;   denn   plötzlich   befinden   wir   uns   auf einer   Reise   in   einer   von   Schnee   und   Eis   bedeckten   Landschaft   der   Seele   und   des   Herzens,   mit   Fremde,   Dunkelheit,   gefrorenen   Tränen,   von Erstarrung, letzter Hoffnung, bellenden Hunden, rasselnden Ketten ... Ich will den Boden küssen, durchdringen Eis und Schnee mit meinen heißen Tränen, bis ich die Erde seh´. Im   Jahre   1821   heiratet   Wilhelm   Müller   Adelheid   von   Basedow,   die   Enkelin   des   Begründers   des   Dessauer   Philantropinums,   Johann   Bernhard   von Basedow. Ein Jahr  später wird Tochter Auguste und 1823 Sohn Friedrich Max geboren. Obwohl   Müller   ständig   an   seinen   Büchern   arbeitet,   (1822-1827   sind   es   die   zehn   Bände   der   "Bibliothek   deutscher   Dichter   des   17.Jahrhunderts")   findet er   dennoch   Zeit   zum   Reisen.   Dabei      lernt   er   so   bedeutende   Dichter   wie   Wilhelm   Hauff,   Ludwig   Tieck   und   Gustav   Schwab   kennen.   Sie   gehören   mit ihren Familien zu seinem engsten Freundeskreis. Müller   schafft   es,   einen   großen Teil   seiner   Lehrstunden   abzugeben   und   sich   seiner Aufgabe   als   Herzoglicher   Bibliothekar   und   seiner   schriftstellerischen Arbeit zu widmen. 1824 wird Müller zum Hofrat ernannt. Müllers   Liebe   zur   Volksmusik,   zum   Volkslied   hat   die   Freundschaft   zum   Dessauer   Hofkapellmeister   Friedrich   Schneider   begründet.   Gemeinsam   mit   ihm gründet er die "Provinzialliedertafel Dessau". Die      nach   Heinrich   Heine   "Einfachheit   der   Form,   die   Sangbarkeit   der Texte"   und   die   tiefe   Innigkeit   der   Worte   verführen   oft   zum   oberflächlichen   Umgang mit Müllers poetischem Werk. So   schreibt   Heinrich   Heine   an   ihn:   "Ich   bin   eitel   genug   anzunehmen,   daß   mein   Geist   einst,   wenn   wir   beide   nicht   mehr   sind,   mit   den   Ihrigen   zusammen genannt wird." Wilhelm   Müller   ist   ein   rastloser   Arbeiter,   seine   Gesundheit   angeschlagen.   Am   31.   Juli   1827   tritt   Wilhelm   Müller   gemeinsam   mit      Adelheid   die   letzte große Reise an. Sie   führt   beide   an   den   Rhein.   Er   trifft   mit   Menschen   zusammen,   mit   denen   er   sich      durch   sein   Schaffen   und   den   Gleichklang   der Ansichten   verbunden fühlt:   Uhland,   Schwab   und   Hauff.   Müller   führt   Tagebuch,   kein   literarisches,   aber   ein   täglich   genaues.   Wilhelm   will   diese   prosaischen   Notizen   später   für Zeitschriften und Almanache aufarbeiten. "Der Wert dieses Tagebuchs", schreibt Paul Wahl 1927: liegt in der Fülle  literarischer Persönlichkeiten, die Müller darin versammelt hat." Zurückgekehrt   nach   Dessau,   stirbt   Wilhelm   Müller   in   der   Nacht   zum   30.   September   1827,   beweint   von   der   Familie,   Verehrern   und   einem   großen Freundeskreis. Sein   Leben,   nur   33   Jahre   kurz,   hinterließ   Spuren.   Spuren   in   Gedichten,   zahlreichen   Schriften   und   Liedern.   Wilhelm   Müller:   ein   Mensch   voller   Ideale und   Zweifel,   ein   Ruheloser,   immer   Suchender   und   doch   Beständiger,   ein   Fröhlicher   und   Trauriger,   ein   Abhängiger,   Unterwürfiger   und   Aufmüpfiger zugleich. Ein Sänger mit dem Wort, das uns, wenn wir nur hinhören, noch heute viel zu sagen hat und zu denken gibt…
über Leben und Werk des Dichters